Rundschaubericht Indonesien Klimawandel vom Samstag, 02.12.2017.
Bericht & Foto: WERNER SCHMIDT
„Supermarkt der Katastrophen“
Zwei Indonesier berichten im Gaildorfer Häberlen, wie sich der Klimawandel in ihrer Heimat auswirkt. Der Reisanbau spielt dort die zentrale Rolle
Mit den Ergebnissen der am 18. November in Bonn zu Ende gegangenen Klimakonferenz sind Tandu Ramba und Kustiwa Adinata nicht zufrieden. Beide waren Mitglieder der indonesischen Delegation. In ihrer Heimat betreuen beide unterschiedliche Projekte, um dem Klimawandel erstens zu begegnen und zweitens mit den bereits eingetretenen Folgen fertig zu werden. Am Montagabend waren die beiden Indonesier auf Einladung der Kulturschmiede zu Gast im Häberlen in Gaildorf. Dabei stellten sie auch ihre Projekte vor.
Indonesien ist mit seinen rund 255 Millionen Einwohnern der viertgrößte Staat der Erde. Das Gebiet verteilt sich auf mehr als 17 500 Inseln. Java und Sulawesi gehören zu den fünf großen. Während das Projekt Tandu Rambas im Hochland von Sulawesi angesiedelt ist, kümmert sich Kustiwa Adinata um die Küstenregion im Westen und Zentral-Java.
Da Reis das Hauptnahrungsmittel ist und im landwirtschaftlichen Anbau eine herausragende Rolle spielt, wird alles, was sich auf Reisanbau und -ernte auswirkt, besonders aufmerksam beobachtet. Und sowohl in der zwischen 500 und 1600 Metern gelegenen Bergregion von Tandu Ramba als auch im Küstengebiet von Kustiwa Adinata hat der Klimawandel seine Spuren in den Jahreszeiten hinterlassen. Die teilen sich in Indoniesein in Trockenzeit und Regenzeit.
Aber während sich die Landwirte früher darauf verlassen konnten, dass die schwül-warme Regenzeit von Oktober bis April dauert, ändert sich das seit Jahrzehnten. Mal kommt sie früher, mal kommt sie später, mal kommt sie gar nicht. Und wenn es regnet, dann schüttet es selbst für die tropische Regengüsse gewohnten Einheimischen derart, dass in den Bergen die Hänge weggeschwemmt werden, Menschen in ihren Hütten verschüttet werden und Felder auf lange Zeit unbewirtschaftbar sind.
Die Maßnahmen, die die Organisation PPHTI, der Kustiwa Adinata angehört, und das als Leuchtturmprojekt bezeichnete „Pusbinlat Motivator“ von Tandu Ramba greifen tief in die soziokulturellen Traditionen der Eingeborenen ein. Die Lebensphilosophie der Menschen bestünde aus Mensch-Pflanze-Tier. Ohne eines dieser drei Elemente könne man nicht überleben. Daher müsse man Wege finden, dass alle drei die Veränderungen überstehen, sagte Tandu Ramba.
Und das fing unter anderem damit an, dass den Menschen statt ihrer ineffektiven traditionellen Feuerstellen neue, effektive Öfen zur Speisenzubereitung gegeben wurden. Dadurch werde zum einen Holz gespart und zum anderen gleichzeitig weniger CO2 ausgestoßen. Ähnlich war es mit den Resten nach der Reisernte. Traditionell sei das Stroh auf den Feldern verbrannt worden. Nun wird ihnen beigebracht, es zu kompostieren. Wie überhaupt die Kompostierung zur Gewinnung von Humus eines der zentralen Themen sei.
In der Hochebene von Sulawesi, wo Tandu Ramba wirkt, sind Entwässerungsgräben ein wichtiger Schritt. Damit werden die erdrutschgefährdeten Hügel entwässert. Gleichzeitig werde auch spezielles Gras gepflanzt, dessen Wurzeln tief in die Erde reichen, damit sie den Boden halten.
An der Küste muss Kustiwa Adinata anderen Gefahren begegnen. Seine Organisation PPHTI hat etwa zwei Millionen Mitglieder. Das sind alles Kleinbauern mit weniger als einem Hektar landwirtschaftlicher Fläche.
Der steigende Meeresspiegel stellt eine Gefahr dar. Mit etwa 0,7 Millimetern steigt er zwar jährlich nur minimal, aber stetig. Das bringt höhere Tiden mit sich und damit Versalzungen von Landbereichen, die früher nicht betroffen waren. Dadurch werden die Reisanbaugebiete immer weiter zurückgedrängt.
Überhaupt sei „die Küstenregion der Supermarkt für Katastrophen“, sagte der studierte Agrarwissenschaftler Kusiwa Adinata. Die Landwirte müssen sich mehr und mehr mit Schädlingen, die die Reisernte vernichten, auseinandersetzen. Dem „Planthopper“ zum Beispiel, der wie sein Name sagt von Pflanze zu Pflanze springt und die gesamte Ernte innerhalb kurzer Zeit vernichten kann. Aber Pestizide soll man gegen ihn auch nicht einsetzen. Also greift man zu so genannten Nützlingen: Kleinstlebewesen, die der natürliche Feind des Schädlings sind. Wie eine bestimmte Spinnenart, die ihre Netze zwischen den Pflanzen webt, in die die Planthoppers reinspringen und so der Spinne als Futter dienen.
Text zum Foto:
Indonesien im Klimawandel. Tandu Ramba (li), Initiator Peter Rottach und Kustiwa Adinata im Gaildorfer Häberlen. Die beiden indonesischen Gäste kamen von der Klimakonferenz in Bonn. Foto: staufer.press